Ideen sind oft wie Wasserbomben, die man an den Kopf geworfen bekommt. FLÄTSCH, schon sind sie da. Und wie das Wasser, das einen dann entweder kurz ärgert, bis es getrocknet ist oder eben erfrischt, weil Hochsommer ist, so verhält es sich auch mit den Ideen: Die einen sind wirklich zu bescheuert, um ihnen noch weiter nachzugehen, die anderen sind erfrischend interessant, so das man dran bleibt.
Sabine Bokelbergs Bilder funktionieren ähnlich wie Wasserbomben, nur das sie keinen Unterschied macht. Bei ihr ist immer Hochsommer. Jede Idee wird gedacht. Und das setzt sie dann auf die Leinwand um. Da werden die Synapsen gekitzelt, und das Assoziations-Bingo geht los. Denn ihre Bilder sind voll mit Referenzen. Manchmal popkulturell, manchmal der Nachrichtenlage entsprechend. Aber nie ausschliesslich. Bokelberg ist nicht daran gelegen, (ihre) Zeit abzubilden oder einzufangen. Es geht ihr nicht um den Moment, es geht in ihren Bildern viel mehr um Aktion-Reaktion. Um Wirkprinzipien. Und da ist beispielsweise ein plötzlich auftauchender „Bussi Bär“ ein perfekter Hebel, um etwas in Gang zu setzen.
Die Bilder sind wie Theater. Dem Publikum als vierte Wand wird trotzdem nie der Rücken zugedreht. Wenn man ihre Bilder betrachtet, mag man im ersten Moment ratlos sein. Gefolgt von der Erkenntnis, einen Einblick in ihre Denkweise, auf ihre Sicht der Dinge zu bekommen. Das muss nicht mal nachvollziehbar sein, im Gegenteil: Das Faszinosum der Bilder erklärt sich zu einem großen Teil aus ihrer Rätselhaftigkeit. Nur um sich nach längerem Betrachten zu denken, das es ja doch alles ganz logisch ist. Spätestens dann ist es passiert: Sabine Bokelberg hat uns Teil ihrer Sichtweise werden lassen, wir gucken durch ihre Augen, assoziieren wie ihr Hirn. Selten kam einem bunter Camouflage-Stoff selbstverständlicher vor. Und wenn am Ende des Tages nichts mehr übrig bleibt. Wenn alles leer ist. Wenn alles gesagt wurde, alles gefragt und alles beantwortet wurde. Wenn man nicht mehr gefragt ist oder wird, dann bleibt einem nur noch zu sagen, was auf einer ihrer Papierarbeiten in fetten Lettern steht: „Hilfe ich bin SOLD OUT“. Und spätestens da bemerkt sie selbst der Letzte: FLÄTSCH! Die Wasserbombe im Nacken.
Nilzenburger, November 2010